Freunde der Schulastronomie e.V.

Totale Sonnenfinsternis in Madagaskar 2001

Der Inselstaat Madagaskar liegt südöstlich von Afrika, ist 587041 km² groß und hat 14,6 Mio. Einwohner. Die seit dem 26.06.60 unabhängige ehemalige französische Kolonie hat kaum Industrie. Es gelten teilweise noch französische Gesetze. Die "Grande Natión" ist durch diverse Verträge noch immer Nutznießer seines ehemaligen Zöglings. Holz ist Rohstoff Nummer eins, 90% des Regenwaldes sind abgeholzt ==> Tendenz steigend. Geld für Öl oder alternative Energien fehlt. Hinzu kommt, dass die madagassische Regierung (die mit kurzer Unterbrechung immer noch von dem 1960 eingesetztem Didier Ratsiraka gestellt wird) nicht an einer wirtschaftlichen Reform interessiert ist. Ergo Madagaskar ist sehr arm, was jedem Touristen sofort nach der Anreise klar wird, obwohl Madagaskar von seinem Wesen kein Touristenland ist. Jedoch ist von Regenwald, über Gebirge bis hin zu Stränden und Hochebenen landschaftlich alles vorhanden. Gerade deshalb ist Madagaskar wegen der unterschiedlichen Landschaftsformen als auch mit seinen multikulturellen Einflüssen für Abenteurer, Wanderer und Treckingtouristen in jedem Falle eine Überlegung wert.

Warum fährt eine Schülergruppe in ein solch mysteriöses Drittweltland?

Seit geraumer Zeit wird auf Grund aktueller Ereignisse die Problematik "Ausländer" in der breiten Öffentlichkeit stark thematisiert, wobei immer wieder verbal gegen Ausländerfeindlichkeit aufgetreten wird. Auch wir beschäftigen uns mit dieser Thematik, auch gezwungenermaßen durch den Unterricht in Sozialkunde bzw. Politischer Weltkunde. Dabei tauchen immer wieder die unterschiedlichsten Fragen auf, die die Ursachen und die Perspektiven für Ausländer in Deutschland und in ihrem Land betreffen. In dem Zusammenhang geht es auch um unsere Perspektiven, um den Anspruch, den wir an unser Leben stellen, wer uns "vorschreibt", wie wir zu leben haben, sowie um Fragen zu Reichtum und Armut und deren Ursachen. Die meisten Unterrichtsmaterialien sind gespickt mit Zahlen und Fakten, die nüchtern die jeweiligen gesellschaftlichen Situationen in dem jeweiligen Land wiedergeben, die aber unsere emotionale Seite in keiner Weise ansprechen, noch das Leben der einzelnen Bevölkerungsschichten widerspiegeln. In diesen Zusammenhang haben wir Kontakte gesucht zu Menschen, die sich persönlich um "Entwicklungshilfe" in einem Entwicklungsland engagieren. Durch das Jugendprojekt "MANDA" und besonders durch Birgit Edlefsen bekamen wir einen detaillierten und realitätsnahen Einblick in die soziale Situation der Straßenkinder von Madagaskar.

Eindrücke

Es war geplant, die südliche Rute mit Endstation Hafenstadt Tulear zu nehmen, da man auf dieser Tour den Ranomafana Regenwald durchlief, ebenso wie das Isalo Gebirge. Erster Halt war die Hauptsadt Antananarivo. Die Aussicht auf und über den Flughafen der Hauptstadt erstreckt sich über ein rotsandiges mit Hügeln versetztes Landstück. Erste Eindrücke zeigen ärmliche Flughafenbaracken, davor teilweise ausgemusterte russische Helikopter. Nach Erlangen der Visa (pro Mann 70 DM) und am militant wirkenden Zoll vorbei betraten wir die Realität Madagaskars. Gewarnt vor Taschendieben im Gedränge und aggressiven Bettlern machten wir Quartier 20 Autominuten entfernt von der Innenstadt. Schnell realisierten wir die pure Armut. Leuchtende große Augen von bettelnden Kindern ließ in uns einerseits Mitleid wach werden. Andererseits wussten wir, dass wir mit einer kleinen Geldspende nicht das Geringste an der kompletten Situation ändern würden. Klar kannte man Armut aus den Medien. Aber das war sonderbar, in den Städten der gleiche Eindruck. Ein armes Volk. Die "Armen" aber unterteilten sich in Beamte (Durchschnittsgehalt 200,- DM pro Monat), Mittelstand und eben Obdachlose. Darunter viele Kinder. Statistisch gesehen, weist Madagaskar eine Säuglingssterberate von ca. 10% auf. Die Lebenserwartung liegt bei 58 Jahren. Es wurde klar, dass das für die Leute, die hier lebten reiner Alltag war. Das Betteln war angeboren und mit einer grenzenlosen Souveränität vorgetragen. Nach "Tana" besuchten wir die reichere Kleinstadt Antsirabé, die ein gemütlicheres Flair der alten Regierung darbot. Hier befindet sich auch die "Star-Brauerei" die Heimat des THB, ebenso wie mehrere Kasernen. Alles in allem ist es hier sauberer, doch Bettler sind auch hier vorhanden. Das Sahnehäubchen war ein fantastischer Blick auf den südlichen Sternenhimmel. Die Strapazen der langen teils von Pannen geprägten Fahrten sind durch den herrlichen Ausblick auf die Landschaft Madagaskars zu ertragen.

Was zurückbleiben wird sind Erinnerungen und die Aussage, dass man wirkliche Armut kennen gelernt hat.

Das Ergebnis dieser Fahrt ist eine umfangreiche Dokumentation über das Leben und die Perspektiven von Kindern und Jugendlichen in einem Entwicklungsland. Niemand hätte vorher gedacht, dass die Eindrücke der totalen Armut einen evtl. anders leben lassen, wenn man sie hautnah mitbekommen hat. Höchstwahrscheinlich wird das der einzige Trip nach Madagaskar für uns alle gewesen sein. Dass sich eine solche Fahrt nicht von selbst finanziert. steht außer Frage. Hierfür hatten wir auf Unterstützung von bekannten Hilfsorganisationen, Stiftungen und Unternehmen gehofft. Nachweislich schrieben wir mehr als 200 dieser Institutionen an. Das Resultat war mehr als enttäuschend. Sofern wir überhaupt eine Antwort bekamen, erhielten wir von Namenhaften Organisationen abschmetternde Pauschalbriefe, in dem unser Antrag auf Unterstützung aus verschiedensten Gründen abgelehnt wurde. Die einzige Unterstützung, die wir bezogen, erhielten wir von einem vermeintlich "Kleinen", dem Schulbuchverlag PEATEC aus den Neuen Bundesländern, dem wir sehr dankbar sind. Da stellt sich doch die Grundsatzfrage, wann ist man denn unterstützungswürdig? Paßt man ins "Sponsoring Konzept" eines Unternehmens? Kann man sich genug vermarkten und sich selbst großartig darstellen. Spendet man z.B. für ein kommerzielles Straßenfest, wo man überall als Unterstützer namentlich genannt und gelobt wird oder gibt man einen kleinen Teil seines Spenden-Budgets (der wohl ohnehin steuerlich geltend gemacht wird) einer gemeinnützigen Arbeitsgemeinschaft, die vorwiegend aus Schülern und Studenten besteht? Die Antwort wurde uns gegeben. Finanzielle Lücken sind heute noch immer offen und konnten bislang nur teilweise beglichen werden. Wir bringen hiermit einerseits unsere Enttäuschung zum Ausdruck, andererseits erheben wir den Vorwurf der Anhäufung von Kapital zum eigenen Profit gegenüber einschlägigen Hilfsorganisationen. Es ist ein Schlag in das Gesicht unserer Gesellschaft, die nach Außen Weltoffenheit sowie politisch- und sozialökonomische Aufgeklärtheit propagiert.